Schauenburg

„Da braucht man eine gespaltene Persönlichkeit“

Florian G. Schauenburg, Geschäftsführer der SCHAUENBURG International Group in Mülheim an der Ruhr, über Investitionsstrategien, Werte und Heimat

[u!]: In Mülheim raufen Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bürger schon geraume Zeit um die Zukunft als Wirtschaftsstandort: Grüne Wohnstadt vs. Industriestandort mit Tradition und Zukunft. Die Mülheimer Wirtschaft hat sich für das Wirtschaftsflächenkonzept des obersten Wirtschaftsförderers Dr. Hendrik Dönnebrink ausgesprochen. Bürgerinitiativen, einige Parteien und wichtige Teile der Stadtverwaltung laufen Sturm gegen das Konzept. Wie blickt man als Unternehmer auf die Diskussion?

Florian G. Schauenburg: Mit Verständnislosigkeit. Industriefeindlichkeit ist in Deutschland schon seit einiger Zeit in Mode gekommen. Da ist der Disput in Mülheim ein passendes Abbild. Es gibt nur noch schwarz und weiß, dafür oder dagegen. Die Menschen haben nach Jahrzehnten des wirtschaftlichen Aufschwungs offenbar vergessen, woher der Wohlstand in unserem Land kommt – und dass es Kompromisse zwischen den verschiedenen Interessen sind, die eine Stadt, eine Region oder ein Land nach vorne bringen. Das ist eine gefährliche Entwicklung! Die Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet haben in ihrem jüngsten Konjunkturbericht eindrücklich vor einem weiteren Jobverlust in der Industrie gewarnt. Seit der Jahrtausendwende sind in der Region bereits ein Drittel der Industriearbeitsplätze verschwunden. Irgendwer muss die ganzen Dienstleister ja auch beauftragen! Mit Blick auf Mülheim und das Ruhrgebiet zitiere ich da gerne aus einem Kommentar in der WAZ: „Die Attraktivität einer Region machen nicht nur Bildungs-, Kultur- und Einkaufsmöglichkeiten aus. Auch das Arbeitsplatzangebot muss stimmen.“

[u!]: Was hält ein international agierendes Unternehmen wie SCHAUENBURG International in Mülheim, wenn man sich nicht richtig willkommen fühlt?

Florian G. Schauenburg: Wir haben hier unsere Wurzeln, das verbindet emotional – und erdet auch ein Stück weit! Aber Sie haben Recht, aus fachlicher Sicht hält uns hier nichts, gerade auch mit Blick auf den Gewerbesteuersatz. Wenn man dann noch die städtischen Leistungen gegenrechnet, etwa in Sachen Infrastruktur, dann grenzt es an Idealismus.

[u!]: SCHAUENBURG International ist Teil der SCHAUENBURG Gruppe…

Florian G. Schauenburg: …die mein Vater nach dem Krieg als Internationale Industriegruppe gegründet und an meinen Bruder und mich später übergeben hat. Vor 17 Jahren haben wir dann entschieden, daraus zwei Unternehmen mit konkreten Schwerpunkten zu machen: Mein Bruder führt und entwickelt seitdem die SCHAUENBURG Technology mit dem internationalen Fokus auf Kunststoffverarbeitung und Schlauchtechnik. Ich habe den anderen Teil zu einer Beteiligungsgesellschaft weiterentwickelt, die in Unternehmen investiert, die in wachstumsstarken industriellen Technologienischen aktiv sind mit den Schwerpunkten Elektronik und Engineering.

[u!]: Also klassisches Private Equity, inklusive Restrukturierung, schnelle Wertsteigerung und Exit nach einigen Jahren?

Florian G. Schauenburg: Nein, genau das machen wir nicht. Wir verstehen und als Family-Equity-Unternehmen und Partner auf Augenhöhe. In unserem Fokus stehen rentable, qualifiziert geführte Betriebe. Die Beteiligungen operieren im Tagesgeschäft weitgehend selbstständig, das Management bleibt in den allermeisten Fällen an Bord. Unsere Holding versteht sich als strategischer Gestalter mit Managementerfahrung und Problemlösungs- Know-how… .

[u!]: …der Geld verdienen möchte.

Florian G. Schauenburg: Natürlich. Aber nicht durch einen späteren Verkauf. Unsere Beteiligungen sind langfristig angelegt und sollen im besten Fall von unserem Netzwerk profitieren. Wir leben von der Dividende – da denken wir wie ein traditioneller deutscher Mittelständler und vertreten auch die Werte: Vertrauen, Verantwortung und Fortschritt.

[u!]: Aber warum sollten Inhaber ihre profitablen Unternehmen beziehungsweise Anteile davon an SCHAUENBURG verkaufen?

Florian G. Schauenburg: Gründe, nach starken Partnern Ausschau zu halten, gibt es viele. Beispielsweise im Rahmen von Nachfolgelösungen. Oder wenn ein Unternehmen wachsen möchte, die eigenen Mittel aber nicht ausreichen. Nicht wenige suchen auch einen strategischen Partner als sicheren Hafen in einem immer härteren internationalen Wettbewerb. Wir haben uns im Markt einen sehr guten Ruf als zuverlässiger Investor erarbeitet – mit der Folge, dass wir häufig auch ohne Höchstpreisangebot zum Zuge kommen.

[u!]: Von wie vielen Neu-Beteiligungen pro Jahr sprechen wir?

Florian G. Schauenburg: Unser Ziel ist eine Übernahme pro Jahr.

[u!]: So wenig?

Florian G. Schauenburg: Wir sind eine mittelständische Industrieholding mit einem schlanken Team, die auf Qualität setzt und sich Zeit nimmt. Pro Jahr scannen wir über 200 Optionen, die zu rund 10 bis 15 Pre- Due-Diligence führen. Am Ende des Tages prüfen wir zwei oder drei Optionen auf Herz und Nieren – so eine Due Diligence kann bei uns auch schon einmal ein Jahr dauern; Private- Equity-Häuser erledigen so etwas in Wochen. Zentrale Kriterien für uns: Die Chemie zwischen den handelnden Personen muss stimmen! Und wir müssen den Markt verstehen. Am Ende entscheidet dann ein Investmentteam. Dieser Teamgedanke ist mir sehr wichtig und sicher einer unserer Erfolgsgaranten.

[u!]: Mit der SCHAUENBURG Ventures GmbH zielen Sie seit gut zwei Jahren auch auf Start-ups. Weil das ein Trend ist?

Florian G. Schauenburg: Das ist kein Trend, das ist ein Teil der Zukunft! Und da wollen wir dabei sein. Die technologische Entwicklung ist heute dermaßen schnell, dass wir den Zugriff auf vielversprechende Technologien frühzeitig haben müssen. Später wäre das viel zu teuer. Wir haben schon vor der Ventures-Gründung über Techfonds investiert, das war aber zu anonym. Heute suchen wir direkt innovative B2B-Technologien, die industriell skalierbar und in unserem Beteiligungsportfolio nutzbar sind. Derzeit sind wir investiert in drei Start-ups, die sich um Virtual Reality, innovative Drucktechnik und massentaugliche Satellitentechnologie kümmern.

[u!]: Wahrscheinlich unterscheiden sich diese Investments auch von den sonst typischen Venture-Capital-Strategien?

Florian G. Schauenburg: Genau. Unser Horizont der Zusammenarbeit ist nicht zeitlich begrenzt. Wir sind für die Gründer Industriepartner und Coach – das machen nicht so viele. Anders als bei den Industriebeteiligungen streben wir aber lediglich eine signifikante Minderheitsbeteiligung von 10 bis 30 Prozent an. Start-ups müssen schnell wachsen und dafür brauchen sie mehrere Kapitalrunden und verschiedene potente Geldgeber.

[u!]: Das Risiko ist bei diesen Investments natürlich ein anderes…

Florian G. Schauenburg: Genau. Da braucht man schon eine gespaltene Persönlichkeit. Denn dem deutschen Unternehmer widerstrebt es in der Regel, in Unternehmen zu investieren, die ein potenzielles Verlustrisiko mit sich bringen. Gott sei Dank entwickelt sich dieser notwendige Mut zum Risiko derzeit insbesondere bei größeren Mittelständlern. Was ich persönlich feststelle: Es macht unglaublich Spaß, mit den Entrepreneuren zusammen zu arbeiten. Da ist so viel Energie und Vision, das fehlt heute bei vielen ein Stück weit. Ich sehe bei mir selbst eine unglaubliche Lernkurve. Die Zusammenarbeit mit Start-ups ist für etablierte Unternehmen eine echte Chance – man muss die Gründer allerdings ernst nehmen. Sonst verpufft so eine Investition ohne Effekt. Und das wäre fatal.

Christian Kleff

Infos

SCHAUENBURG International GmbH
Weseler Straße 35
45478 Mülheim an der Ruhr
0208 9991-0
www.schauenburg.com

 

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